An die Kolosser 1:1-29

1  Paulus, nach dem Willen Gottes ein Apostel von Christus Jesus, und unser Bruder Timọtheus+  an die Heiligen und treuen Brüder in Kolọssä, die mit Christus verbunden sind: Wir wünschen euch unverdiente Güte und Frieden von Gott, unserem Vater.  Wir danken Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, immer wieder, wenn wir für euch beten.  Denn wir haben von eurem Glauben an Christus Jesus gehört und von der Liebe zu allen Heiligen, die ihr habt,  weil ihr auf das hofft, was für euch im Himmel aufbewahrt ist.+ Von dieser Hoffnung habt ihr zuvor gehört, als euch die Wahrheit der guten Botschaft bekannt gemacht wurde,+  die euch erreicht hat. So, wie die gute Botschaft in der ganzen Welt Frucht trägt und sich verbreitet,+ ist es auch bei euch seit dem Tag, an dem ihr von der unverdienten Güte Gottes in Wahrheit gehört und sie genau kennengelernt habt.  Ihr habt davon durch unseren lieben und treuen Mitsklaven Ẹpaphras+ gehört, der ein treuer Diener des Christus an unserer Stelle ist.  Er hat uns auch von der Liebe berichtet, die der Geist in euch hervorbringt.  Deshalb haben wir seit dem Tag, an dem wir davon erfuhren, nie aufgehört, für euch zu beten und darum zu bitten, dass ihr mit der genauen Erkenntnis+ des Willens Gottes, mit aller Weisheit und mit dem Verständnis,+ das Gottes Geist gibt, erfüllt werdet. 10  Dann werdet ihr so leben, wie es Jehovas würdig ist,+ um ihm völlig zu gefallen, während ihr weiter in jedem guten Werk Frucht tragt und an der genauen Erkenntnis Gottes zunehmt.+ 11  Wir beten auch darum, dass ihr gemäß seiner herrlichen Macht mit aller Kraft gestärkt werdet,+ damit ihr mit Geduld und Freude völlig ausharren* könnt,+ 12  während ihr dem Vater dankt, der euch befähigt hat, am Erbe der Heiligen im Licht teilzuhaben.+ 13  Er hat uns aus der Gewalt der Finsternis befreit+ und in das Königreich seines geliebten Sohnes versetzt. 14  Durch ihn haben wir unsere Befreiung durch Lösegeld – die Vergebung unserer Sünden.+ 15  Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes,+ der Erstgeborene der gesamten Schöpfung.+ 16  Denn durch ihn ist alles andere im Himmel und auf der Erde erschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare+ – ob Throne oder Herrschaften oder Regierungen oder Autoritäten. Alles andere ist durch ihn und für ihn erschaffen worden.+ 17  Auch ist* er vor allem anderen,+ und durch ihn ist alles andere gemacht worden, damit es existiert. 18  Er ist der Kopf des Körpers, das Haupt der Versammlung*.+ Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten,+ damit er in allem der Erste ist. 19  Gott hat es nämlich gefallen, die ganze Fülle in ihm wohnen zu lassen+ 20  und durch ihn alles andere mit sich zu versöhnen+ – ob auf der Erde oder im Himmel –, indem durch das Blut, das er am Marterpfahl vergoss, Frieden geschlossen wurde.+ 21  Ja, ihr wart früher von Gott entfremdet und Feinde,+ weil euer Denken* auf schlechte Taten gerichtet war. 22  Doch jetzt hat er euch durch den menschlichen* Körper dessen, der gestorben ist, mit sich versöhnt,+ um euch heilig und makellos und frei von Anklage vor sich zu präsentieren.+ 23  Dazu müsst ihr natürlich im Glauben bleiben,+ fest gegründet+ und standhaft+ sein und dürft nicht abgetrieben werden von der Hoffnung dieser guten Botschaft, die ihr gehört habt und die in der ganzen Schöpfung unter dem Himmel gepredigt worden ist.+ Ich, Paulus, bin ein Diener dieser guten Botschaft geworden.+ 24  Ich freue mich nun, dass ich für euch leiden darf,+ und ich mache in meinem Körper* die Leiden* des Christus durch, die noch fehlen, zugunsten seines Körpers,+ der die Versammlung ist.+ 25  Ich bin ein Diener dieser Versammlung geworden, in Übereinstimmung mit dem Verwalteramt,+ das mir von Gott in eurem Interesse übertragen worden ist, um das Wort Gottes vollständig zu predigen, 26  das heilige Geheimnis,+ das während der vergangenen Weltsysteme und der vergangenen Generationen verborgen war.+ Jetzt aber ist es seinen Heiligen offenbart worden.+ 27  Gott hat es gefallen, den Heiligen unter den anderen Völkern den herrlichen Reichtum dieses heiligen Geheimnisses bekannt zu machen,+ nämlich Christus in Gemeinschaft mit euch, die Hoffnung auf seine Herrlichkeit.+ 28  Ihn machen wir bekannt, indem wir jeden eindringlich ermahnen und in aller Weisheit lehren, damit wir jeden Menschen, der mit Christus verbunden ist, in Vollständigkeit präsentieren können.+ 29  Dafür arbeite ich wirklich hart. Ich strenge mich an mit seiner Kraft, die mit Macht in mir wirkt.+

Fußnoten

Oder „durchhalten“.
Oder „existierte“.
Oder „Gemeinde“.
Oder „Sinn“.
Wtl. „fleischlichen“.
Oder „Drangsale“.
Wtl. „Fleisch“.

Studienanmerkungen

Der erste Brief an die Korinther: Titel wie dieser waren offensichtlich nicht im Originaltext enthalten. Wie alte Handschriften zeigen, wurden sie später hinzugefügt, zweifellos um die verschiedenen Briefe leichter auseinanderhalten zu können. Der Papyruskodex P46 macht deutlich, dass Abschreiber die Bibelbücher durch Titel voneinander unterschieden. P46 ist die älteste bekannte Sammlung von Paulusbriefen. Dieser Kodex wird oft auf die Zeit um 200 u. Z. datiert und enthält neun Briefe von Paulus. Der 1. Korintherbrief beginnt in dem Kodex mit dem Titel Pros Korínthious A („An [die] Korinther 1“). (Siehe Mediengalerie, „Der erste Brief von Paulus an die Korinther“.) Diesen Titel findet man auch in anderen frühen Manuskripten wie dem Codex Vaticanus und dem Codex Sinaiticus aus dem 4. Jh. Dort erscheint er am Anfang und am Ende des Briefes.

An die Kolosser: Titel wie dieser waren offensichtlich nicht im Originaltext enthalten. Wie alte Handschriften zeigen, wurden sie später hinzugefügt, zweifellos um die Briefe leichter auseinanderhalten zu können. (Siehe Anm. zu 1Ko „Titel“.)

Paulus … und unser Bruder Timotheus: Oder „Von Paulus … und unserem Bruder Timotheus“. Der Schreiber des Kolosserbriefes ist zwar Paulus, doch in seinen einleitenden Worten nennt er auch Timotheus. Paulus verfasste den Brief während seiner ersten Haft in Rom (ca. 59–61 u. Z.), und Timotheus war damals bei ihm. Mit der Bezeichnung „unser Bruder“ bezieht sich Paulus auf ihr Verhältnis als Glaubensbrüder. Offenbar war auch Timotheus irgendwann in dieser Zeit in Rom inhaftiert (Php 2:19; Heb 13:23).

ein Apostel von Christus Jesus: Siehe Anm. zu Rö 1:1.

die Heiligen: Siehe Anm. zu Rö 1:7.

Kolossä: Eine Stadt im SW von Kleinasien; zur Zeit von Paulus gehörte sie zur römischen Provinz Asien. (Siehe Worterklärungen zu „Asien; Asia“; Anh. B13.) Kolossä lag im Tal des Flusses Lykos an einer wichtigen Handelsstraße, die Städte am Ägäischen Meer mit weiter östlich gelegenen Städten verband. Die Nachbarstädte Laodicea und Hierapolis hatten im 1. Jh. ebenfalls an Bedeutung in der Region gewonnen. Kolossä war lange ein Zentrum der Textilherstellung und besonders bekannt für seine feine, purpurrot gefärbte Wolle – ein Farbton, der colossinus genannt wurde. Die antiken Überreste von Kolossä, die etwa 4 km von der türkischen Stadt Honaz entfernt liegen, wurden bisher nicht freigelegt.

Wir wünschen euch unverdiente Güte und Frieden von Gott, unserem Vater: Siehe Anm. zu Rö 1:7.

Wir danken Gott … immer wieder, wenn wir für euch beten: Evtl. auch „Wir danken Gott …, wenn wir immer wieder für euch beten“. Einige Bibel­übersetzungen verbinden das „immer wieder“ mit dem Verb „danken“ und andere mit dem Verb „beten“. Das Griechische lässt beide Möglichkeiten zu.

Epaphras: Ein treuer Diener in der Versammlung in Kolossä, der Paulus während seiner ersten Haft in Rom besuchte. Wie es scheint, hatte Paulus die Versammlung in Kolossä noch nicht persönlich kennengelernt, als er diesen Brief schrieb (Kol 2:1). Bei ihrer Gründung hatte Epaphras wohl eine wichtige Rolle gespielt (Kol 1:6-8; 4:12, 13). Sein Name ist eine Kurzform von Epaphroditus. Allerdings ist er nicht mit Epaphroditus aus Philippi zu verwechseln (Php 2:25). Epaphras aus Kolossä wird auch in Phm 23 erwähnt.

Diener: Siehe Anm. zu Mat 20:26; 1Ko 3:5.

von der Liebe …, die der Geist in euch hervorbringt: Wtl. „von eurer Liebe im Geist“. Dieser Ausdruck beschreibt die Liebe der Christen in Kolossä. Es handelt sich um die selbstlose, auf Grundsätzen beruhende Liebe, die Gottes Geist in allen hervorbringt, die sich von ihm leiten lassen (Gal 5:22).

genauen Erkenntnis: In diesem und im folgenden Vers wird jeweils „die genaue Erkenntnis“ erwähnt. Paulus betete darum, dass die Kolosser mit genauer Erkenntnis über Gott und seinen Willen erfüllt werden. (Weitere Informationen zu dem griechischen Wort für „genaue Erkenntnis“ findet man in der Anm. zu Eph 4:13.)

Verständnis, das Gottes Geist gibt: Zu diesem „Verständnis“ gehört „die genaue Erkenntnis des Willens Gottes“. Wer so ein Verständnis hat, sieht die Dinge so, wie Jehova sie sieht.

so leben, wie es Jehovas würdig ist: Das in dieser Formulierung verwendete griechische Verb bedeutet wtl. „(umher-)gehen“, „wandern“, „wandeln“ und hat hier den Sinn von „leben“, „seinen Lebenswandel gestalten“. Paulus gebraucht es in seinen Briefen häufig in übertragenem Sinn (Gal 5:16; Eph 5:2; Php 3:17; Kol 2:6; 3:7; 4:5; 1Th 2:12; 4:1). Einem Nachschlagewerk zufolge bezeichnet der Begriff in solchen Kontexten den „Lebensweg“. Dieser Wortgebrauch geht auf die Hebräischen Schriften zurück. Zum Beispiel sagte König Hiskia: „Ach Jehova, ich bitte dich, denk doch daran, dass ich mit ungeteiltem Herzen treu meinen Weg vor dir gegangen bin“ (2Kö 20:3). Mit der Formulierung ist also gemeint, sein Leben so zu führen, dass es mit Gottes Maßstäben übereinstimmt und seinem Namen Ehre macht. In 1Th 2:12 drückt sich Paulus ähnlich aus. (Zur Verwendung des Gottesnamens in diesem Vers siehe Anh. C3, Einleitung, Kol 1:10.)

Gewalt der Finsternis: Oder „Macht(bereich) der Dunkelheit“. Jesus sprach ebenfalls von der „Macht der Finsternis“, unter deren Einfluss seine Gegner standen, als sie ihn in der Nacht vor seiner Hinrichtung festnahmen. (Siehe Anm. zu Luk 22:53.) Paulus bezieht sich hier auf die geistige Dunkelheit, die das von Satan beherrschte Weltsystem einhüllt (Eph 4:18; 6:12; vgl. 2Ko 4:4 und Anm.).

das Königreich seines geliebten Sohnes: Das Königreich, von dem Paulus hier spricht, gab es schon damals, denn wie der Vers zeigt, waren Christen bereits in dieses Königreich versetzt worden. Folglich muss es sich von dem messianischen Königreich im Himmel unterscheiden, das erst viel später ins Dasein kommen sollte (1Ko 6:9, 10; Eph 5:5 und Anm.; 2Pe 1:10, 11; Off 11:15; 12:10; vgl. Luk 19:11, 12, 15). In das hier erwähnte Königreich gelangen gesalbte Christen, die das himmlische Königreich erben werden (Jak 2:5). Jesus Christus wurde Pfingsten 33 u. Z. der König dieses Königreiches. Es existiert so lange auf der Erde, bis alle Gesalbten im Himmel ihren Lohn erhalten haben. Dann sind sie nicht mehr irdische Untertanen dieses speziellen Königreiches, sondern regieren als Könige mit Christus im Himmel (Off 5:9, 10).

versetzt: Paulus sagt, dass Christen aus der Finsternis befreit und an einen besseren Ort gebracht worden sind. Dabei verwendet er ein griechisches Wort, das auch mit „verpflanzen“ übersetzt werden kann. Dasselbe Wort kommt auch bei anderen antiken Autoren vor, wenn es um die Umsiedlung ganzer Völker geht. Paulus erinnert die Christen in Kolossä daran, wie glücklich sie sein konnten, dass sie aus dem dunklen Machtbereich des Teufels herausgeholt und in ein Königreich gebracht worden sind, das in jeder Hinsicht besser ist.

der Erstgeborene der gesamten Schöpfung: Gemeint ist das erste Schöpfungswerk Gottes. Das griechische Wort für „Erstgeborener“ (prōtótokos) kommt in den Christlichen Griechischen Schriften acht Mal vor und bezieht sich sechs Mal auf Jesus. Die Wörter „Erstgeborener“ oder „Erstgeburt“ zeigen in der Bibel im Allgemeinen die zeitliche Reihenfolge an. Jesus war z. B. „der Erstgeborene“ von Maria und wurde deshalb, wie im mosaischen Gesetz vorgeschrieben, Jehova im Tempel präsentiert (Luk 2:7, 22, 23; Mat 1:25). In Kol 1:18 (siehe Anm.) wird Jesus als „der Erstgeborene von den Toten“ bezeichnet, was ebenfalls auf eine zeitliche Abfolge hindeutet. (Vgl. Rö 8:29.) Auch in den Hebräischen Schriften ist mit dem entsprechenden Wort meistens der älteste Sohn eines Vaters gemeint. In der Septuaginta kommt prōtótokos in 1Mo 49:3 vor; dort sagt Jakob: „Ruben, du bist mein Erstgeborener.“ (Siehe Worterklärungen zu „Erstgeborener“.) Einige, die behaupten, Jesus sei nicht erschaffen worden, argumentieren, dass „Erstgeborener“ im vorliegenden Vers auf die herausragende Stellung Jesu hinweist. Sie sprechen sich für Wiedergaben wie „der Erstgeborene vor (oder „über“) aller Schöpfung“ aus. Es stimmt natürlich, dass Jesus gegenüber allen anderen Geschöpfen eine herausragende Stellung einnimmt. Allerdings gibt es keinen Grund für die Annahme, „Erstgeborener“ habe hier eine andere Bedeutung als die übliche. In Off 3:14 wird Jesus „der Anfang der Schöpfung Gottes“ genannt. Das bestätigt: Jesus ist in dem Sinn „der Erstgeborene der gesamten Schöpfung“, dass er Gottes allererstes Geschöpf ist.

durch ihn ist alles andere … erschaffen worden: Gott arbeitete mit „seinem geliebten Sohn“ zusammen (Kol 1:13), als er alles „im Himmel und auf der Erde …, das Sichtbare und das Unsichtbare“, erschuf. Zu seinen Schöpfungswerken gehören Millionen von weiteren Geistsöhnen sowie das materielle Universum (1Mo 1:1; Da 7:9, 10; Joh 1:3; Off 5:11). Jesus ist der erstgeborene Sohn Gottes – der Einzige, der von Gott direkt erschaffen wurde (Heb 1:6; siehe Anm. zu Joh 1:14; Kol 1:15). Logischerweise war er es, zu dem Jehova sagte: „Wir wollen Menschen machen in unserem Bild, die uns ähnlich sind“ (1Mo 1:26).

alles andere: Wtl. „alles“. Durch eine wörtliche Wiedergabe könnte der Eindruck entstehen, dass Jesus selbst nicht erschaffen wurde, sondern der Schöpfer ist. Das passt jedoch nicht zu anderen Bibeltexten wie dem vorangehenden Vers. Dort wird Jesus als „der Erstgeborene der gesamten Schöpfung“ bezeichnet (Kol 1:15; vergleiche Off 3:14, wo Jesus „der Anfang der Schöpfung Gottes“ genannt wird). In manchen Zusammenhängen kann das griechische Wort für „alles“ auch „alles andere“ bedeuten. Das wird an Texten wie Luk 13:2; 21:29 und Php 2:21 deutlich und passt auch zu der inspirierten Aussage von Paulus in 1Ko 15:27: „Gott ‚hat alles unter seine [Christi] Füße gelegt‘. Wenn er aber sagt, dass alles unterworfen worden ist, dann ist offensichtlich der ausgenommen, der ihm alles unterworfen hat.“ Die Wiedergabe „alles andere“ in diesem Vers ist also eine passende Übersetzung des griechischen Wortes und deckt sich mit allen anderen Lehren der Bibel. (Vgl. Anm. zu Php 2:9.)

Throne oder Herrschaften oder Regierungen oder Autoritäten: Paulus bezieht sich hier auf verschiedene verantwortliche Positionen innerhalb von Jehovas Verwaltungsstruktur. Sie werden sowohl von Gottes Dienern auf der Erde bekleidet als auch von vollkommenen Geistwesen im Himmel (Esr 10:15-17; Jes 6:2; 1Ko 6:3; Eph 3:10; Heb 13:17; Jud 8, 9). Es gibt diese Positionen nicht einfach nur, weil Gott sie billigt; er hat sie erschaffen. Jehova ist der Urheber dieser Struktur, und sein Sohn richtete sie ein. Die in diesem Vers genannten Positionen wurden „durch“ Jesus und „für“ Jesus erschaffen. Es können damit also keine menschlichen Regierungen gemeint sein.

durch ihn und für ihn erschaffen: Wie dieser Vers zeigt, war Gottes erstgeborener Sohn Jesus an der Erschaffung von allem beteiligt. Dennoch wird er nirgends in der Bibel als „Schöpfer“ bezeichnet. Im Vers zuvor wird er „der Erstgeborene der gesamten Schöpfung“ genannt und in Off 3:14 „der Anfang der Schöpfung Gottes“. Nach seiner Erschaffung wurde Jesus, der in Sprüche 8 als die personifizierte Weisheit zu Wort kommt, zu Jehovas „Werkmeister“ (Spr 8:1, 22, 30). Die Verse 22 bis 31 beschreiben, wie er bei der Schöpfung mitwirkte; dort sagt er: „Ich freute mich über seine [Gottes] bewohnbare Erde, und besonders die Menschen hatte ich lieb.“ In Übereinstimmung damit heißt es im vorliegenden Vers: „Alles andere ist durch ihn und für ihn erschaffen worden.“

der Kopf des Körpers, das Haupt der Versammlung: Sowohl im Kolosser- als auch im Epheserbrief vergleicht Paulus die Christen­versammlung mit einem Körper, dessen Kopf oder Haupt Christus ist (Eph 1:22, 23). Laut einem Nachschlagewerk handelt es sich dabei um eine Metapher, „die nicht nur auf die lebenswichtige Verbindung mit dem Haupt hinweist, sondern auch darauf, dass der Wille des Hauptes durch die Körperteile ausgeführt wird. Sie sind seine Werkzeuge.“ Jesus ist auch das Haupt bzw. der König des Königreiches, das Paulus als „das Königreich seines [Gottes] geliebten Sohnes“ bezeichnet (Kol 1:13 und Anm.).

Er ist … der Erstgeborene von den Toten: Schon vor Jesus gab es Menschen, die auferweckt wurden, aber er war der Erste, der nach seiner Auferstehung ewiges Leben erhielt. Er wurde „als Geist lebendig gemacht“ (1Pe 3:18) und in eine höhere Stellung eingesetzt als vor seiner Zeit auf der Erde. Gott schenkte ihm Unsterblichkeit und Unverweslichkeit – etwas, das Menschen aus Fleisch und Blut nicht besitzen können. Jesus wurde „über den Himmel erhöht“; nur Jehova Gott steht über ihm (Heb 7:26; 1Ko 15:27; Php 2:9-11). Jehova höchstpersönlich hat ihn auferweckt (Apg 3:15; 5:30; Rö 4:24; 10:9).

die ganze Fülle in ihm wohnen zu lassen: Jesus Christus ist die Schlüsselfigur im Vorhaben Gottes und nimmt die führende Stellung in der Christen­versammlung ein. „Das Blut, das er am Marterpfahl vergoss“, dient dazu, die Menschheit mit Gott zu versöhnen (Kol 1:20). Christus sorgt für „die ganze Fülle“, also für alles, was Christen an Orientierung und Anleitung brauchen. Er verkörpert die Eigenschaften Gottes in vollkommener Weise, einschließlich Weisheit. Sein Vorbild ist perfekt, und seine Lehren bedürfen keiner Ergänzung durch Philosophien oder Traditionen von Menschen (Kol 2:8-10). Deshalb lassen sich Christen in allem von ihm anleiten und blicken zu ihm als ihrem Ideal auf.

mit sich zu versöhnen: Das griechische Verb für „versöhnen“ bedeutete ursprünglich „(aus)tauschen“. Es wurde auch im Sinn von „Feindschaft gegen ein freundschaftliches Verhältnis austauschen“ gebraucht. Wie Paulus erklärt, geschieht die Versöhnung durch Jesu „Blut, das er am Marterpfahl vergoss“. Auf dieser Grundlage kann die Menschheit wieder ein harmonisches, freundschaftliches Verhältnis zu Gott haben. (Siehe Anm. zu Rö 5:10; 2Ko 5:1819.)

ob auf der Erde oder im Himmel: Hier geht es um Menschen, die durch Christi „Blut, das er am Marterpfahl vergoss“, mit Gott versöhnt werden. „Alles … im Himmel“ meint die Geistgesalbten. Sie haben „an der himmlischen Berufung“ teil (Heb 3:1) und sollen im Königreich Gottes zusammen mit Christus „als Könige über die Erde regieren“ (Off 5:9, 10). „Alles … auf der Erde“ bezieht sich auf Menschen, die unter diesem Königreich leben werden (Ps 37:29; siehe Anm. zu Eph 1:10).

Marterpfahl: Oder „Hinrichtungspfahl“. (Siehe Worterklärungen.)

in der ganzen Schöpfung unter dem Himmel gepredigt: Paulus meint nicht, dass die gute Botschaft buchstäblich in jedem Winkel der Erde gepredigt worden war. Er wollte einfach ausdrücken, wie weit sie sich schon ausgebreitet hatte (Rö 1:8; Kol 1:6). Als er den Kolosserbrief verfasste, war im ganzen Römischen Reich und darüber hinaus gepredigt worden. Schon etwa 30 Jahre zuvor hatten Juden und Proselyten, die Pfingsten 33 u. Z. Christen geworden waren, die gute Botschaft in ihre Heimat mitgenommen. Dadurch gelangte sie in Gebiete wie Parthien, Elam, Medien, Mesopotamien, Arabien, Kleinasien, Gegenden von Libyen bei Kyrene und auch nach Rom – quasi in die damals bekannte Welt (Apg 2:1, 8-11, 41, 42). Dass Paulus die Aussage im vorliegenden Vers nicht wörtlich meinte, zeigen seine eigenen Worte in Römer 15. Wie er dort andeutet, war Spanien, was die Verbreitung der guten Botschaft betraf, noch „unberührtes Gebiet“ (Rö 15:20, 23, 24).

seines Körpers, der die Versammlung ist: Siehe Anm. zu Kol 1:18.

das heilige Geheimnis: Paulus verwendet diesen Ausdruck im Kolosserbrief an mehreren Stellen (Kol 1:27; 2:2; 4:3; siehe Anm. zu Mat 13:11; 1Ko 2:7; Eph 1:9).

der vergangenen Weltsysteme: Oder „der vergangenen Zeitalter (Ären)“. (Siehe Worterklärungen zu „Weltsystem; Systeme“.)

in Vollständigkeit: Oder „als reif (vollkommen)“. (Vgl. 1Ko 2:6 und Fn.) Der Satzteil könnte auch so übersetzt werden: „damit wir jeden Menschen als reifen Nachfolger Christi präsentieren können“.

Medien

Der Brief von Paulus an die Kolosser
Der Brief von Paulus an die Kolosser

Das Foto zeigt eine Seite aus dem Papyruskodex P46, der auf die Zeit um 200 u. Z. datiert wird. Der Kodex enthält neun Paulusbriefe, allerdings in einer anderen Reihenfolge als in heutigen Bibeln üblich. (Siehe Mediengalerie, „Der erste Brief von Paulus an die Korinther“ und „Der zweite Brief von Paulus an die Korinther“.) Auf der abgebildeten Seite ist das Ende des Philipperbriefes und der Anfang des Kolosserbriefes zu sehen. (Kolossä war eine Stadt im SW von Kleinasien.) Das Blatt gehört zum Papyrus Chester Beatty II, der in der Chester Beatty Library in Dublin (Irland) aufbewahrt wird. Auf dem Foto ist die Titelzeile „An [die] Kolosser“ hervorgehoben. Der Kodex ist ein Beleg dafür, dass Abschreiber die Bibelbücher schon früh mit Titeln versahen.

Einführung in das Bibelbuch Kolosser (Video)
Einführung in das Bibelbuch Kolosser (Video)